Hanatra:
Im Feuer geschmiedet?
"Sie können doch nicht einfach..."
Der Kommandant versuchte ein leidliches Aufbegehren, dass von dem anderen Mann nur mit dezent verständnislosem Kopfschieflegen beantwortet wurde. Schnell verstummte der Offizier neben ihm.
"Ich kann was nicht, Commander?", hakte der Sith unerbittlich nach, was den Angesprochenen nur umso mehr in nervöse Anspannung geraten liess.
"Soweit ich weiss, ist sie immernoch meine Schülerin, nicht wahr? Tun sie einfach, was ihnen befohlen wurde, und ich werde ihren kleinen, unbedeutenden Zwischenruf bedenkenlos verklingen lassen. Oder... wollen sie wirklich, dass ich mich mit ihrer Vorstellung von dem, was ich alles kann oder darf, näher befasse?"
Unwillkürlich begannen die Knie des Offiziers zu zittern. Dennoch kaschierte er dies mit einer umso strafferen Haltung und schüttelte selbstverständlich den Kopf. "Nein, mein Lord. Euer Befehl wird befolgt. Wortgetreu."
"Gut, Commander", nickte der Sithlord zwar forsch starrend, aber gleich deutlich gewogener. "Dann schreiten sie zur Tat."
"Jawohl!"
Mehrere hundert Meilen unterhalb des hohen Orbits kämpften sich zwei Gestalten durch die Korridore der verrauchten Anlage. Impertinent heulende Alarmsirenen und unterschwellig grollende Detonationen in der Ferne, brachten die beiden dazu, nur schneller zu rennen.
"Verdammt! Wo gehts hier lang?!". keifte der Eine von ihnen. Sein rechter Arm hing reglos herab, seitdem Blasterschüsse das Fleisch dort mehrfach versengt hatten.
"Irgendwo weiter links sollten Fluchttunnel sein. Diese Karte ist nutzlos!", fauchte die Andere. Untermalend warf sie das kleine Pad hinfort, als der Durchgang bereits durch herabgefallene Trümmer verschüttet worden war. Weitere, ferne Explosionen erschütterten die Decke und liessen abermals Stahlträger und Deckenlampen herabregnen. Eine davon schlug gegen den Hinterkopf der jungen Sith und streckte sie benommen zu Boden. Ächzend fiel der Begleiter neben ihr auf die Knie, um ihr zu helfen.
"Hey! Wach auf! Alles okay?" Er rüttelte an ihr und bemerkte erleichtert, wie sie die Augen wieder öffnete. Eine Platzwunde kleckerte Blut in ihren Nacken.
"Scheisse... ", murmelte sie und hielt sich den Kopf, rappelte sich wieder auf. "Wir dürfen hier nicht Wurzeln schlagen... weiter", spornte sie nicht nur ihn, sondern auch sich selbst an, als sie sich an ihm festhielt und die Füße voreinander setzte.
"Versuchen wir es einfach dort hinten. Das sieht vielversprechend aus." Shaena folgte dem Finger ihres Gefährten und nickte - versuchsweise, denn schon bereute sie schmerzhaft die zu schnelle Kopfbewegung.
Die beiden Schüler eilten durch einen Nebengang, wichen immer wieder Trümmern aus oder quetschten sich zu zweit in eine Nische, um ein Beben abzuwarten, ehe sie ihren Weg fortsetzten. Keiner von beiden war weit über die zwanzig Lebensjahre hinaus und noch war das Konkurrenzdenken der zwei nicht ausgeprägt genug, als dass sie sich häufiger gegenseitig an die Kehle gegangen wären. Sowohl Suun'bak, als auch Shaena genossen dies ingeheim. Teilweise sogar auf recht vertrauensseeligere Art.
Das Schiff im Orbit des vulkanisch aktiven Mondes richtete mittlerweile sämtliche Turbolaser auf die Anlage aus und fuhr, unbemerkt von den beiden jungen Sith darin, langsam die Energie der Geschütze höher. Die darauffolgenden Einschläge zerschmetterten zunächst die hoch aufragenden Türme und Antennen, bevor weitere Schüsse auf die zentralen Trakte der Labore gerichtet wurden.
"Was zum-... ", stammelte Suun'bak und hielt horchend inne. "Die schiessen auf uns! Haben die sie noch alle?! Das sind unsere Geschütze!" Die Stimme des jungen Mannes überschlug sich beinahe vor zornigem Unverständnis.
Auch Shaena verschaffte ihrem Unglauben durch ein verblüfftes Erstarren Ausdruck und starrte grob nach oben, um dem Klang der neuen Detonationen zu lauschen. Ihr schlich sich ein ungutes Gefühl ins Mark. Das würde er doch nicht... oder etwa doch? Eine gewaltige Explosion zerriss neben den beiden ein Panzerschott und wirbelte die zwei Körper wie Puppen durch die Luft. Aus den Wänden gerissene Strukturen schleuderten quer durch die Halle und türmten sich als wahre Trümmerberge zwischen den Sith auf.
Noch während die zwei mit der Orientierung kämpften und sich zurück zur Besinnung zwangen, krächzten die beiden Funkempfänger in den Taschen der Sith auf.
"Ich bin mir sicher, dass ich jetzt grade eure ungeteilte Aufmerksamkeit geniesse, Schüler", plauderte die Stimme des Meisters aus dem Hörer. "Wie euch unschwer entgangen sein wird, wurde soeben das Feuer auf die Anlage eröffnet. Das alles führt zu einem essentiellen Resultat: Wenn ihr euch nicht wahrlich anstrengt, werden eure beiden Leben noch hier und heute ihr jämmerliches Ende im Flammenmeer oder unter tonnenschweren Brocken der Anlage selbst finden. Vermutlich habt ihr eure Mission, die Daten aus der Anlage zu sichern, bereits erfüllt - so hoffe ich für euch. Wenn dem so ist, hat lediglich einer von euch beiden die Chance, mir diese zu überreichen. Wer es auch immer sei, der oder diejenige wird von mir belohnt. Der Verlierer hingegen - nunja. Sagen wir einfach, ihr wollt das sicher nicht näher ergründen."
Kurz versuchte Suun'bak eine Antwort zu senden, doch wurde er direkt blockiert.
"Nein. Ich bin nicht gewillt, einen alternativen Vorschlag zu akzeptieren", erklang direkt erneut die gnadenlose Stimme im Funk. "Dieser Test ist als Auslese zu werten. Besteht ihn, oder begegnet eurem Niedergang." Damit endete der Funkkontakt und die betretene Stille überkam die beiden Sith.
Unbehagen griff nach Shaenas Herz, als sie durch ein kleines Loch in den Trümmern zu Suun'bak blickte. Auch er schaute zu ihr herüber. Man konnte im Blick der beiden im zähen Sekundentakt erkennen, wie sich ihre Gedanken verformten, Gefühle ins Wanken gerieten und aus unsicherem Empfinden Wut, Verzweiflung oder sogar Hass geboren wurde. Der ungewisse Augenblick fror die Zeit zu einer gefühlten Ewigkeit ein.
All die Jahre, die die beiden miteinander verbracht hatten, zusammen gelernt hatten, trainierten... Die unzähligen Stunden gemeinsamen Forschens und Studierens... Die Momente, die sie zu zweit verbrachten oder auch mal intimer geteilt hatten... All das wurde vom Drang nach Überleben zerbrochen, wie ein trüber Spiegel. Liess die bunten Scherben herabregnen, dass erst jetzt die trügerische Existenz ihrer sogenannten geschützten Umgebung nicht mehr nur trügerisch erschien, sondern als bloße Lüge enttarnt wurde.
Suun'baks Blick fiel auf den Datenstift herab, den er in seiner Hand hielt. Sein Vorteil war offensichtlich. Allerdings ging sein zweiter Blick direkt rüber zum demolierten Lichtschwertgriff, der bei einer der Explosionen stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Hinüber. Ohne Reparatur war da nicht mehr viel zu machen. Als er den Kopf wieder hob, traf ihn Shaenas Starren wie ein Wurfspeer aus Eis. Ihr Schwert war noch heil. Diese Gewissheit brachte dem Vorteil einen unguten Beigeschmack.
Sie blickten einander an, auch noch, als sie sich nahezu zeitgleich erhoben. Worte waren nicht mehr nötig. Beide waren bereits Sith genug geworden in den letzten Jahren, um zu wissen, wieviel sie in diesem Moment noch auf das Wort Vertrauen zählen konnten. Hektik machte sich in den Bewegungen des jungen Mannes breit. Er hetzte von der Barrikade weg, die sie von ihm trennte. Je mehr Distanz er zu ihr bekommen könnte, desto größer waren seine Chancen, hier heile herauszukommen. Ihre Schritte wetzten allerdings schon hörbar jenseits des Trümmerbergs über den dreckigen Boden.
Aus der Verzweiflung der beiden entstand in Windeseile ein Kampf um Leben und Tod. In erbarmungsloser Hatz jagte Shaena hinter ihrem Mitschüler her. Hindernisse übersprang sie mit Hilfe der Macht, flog mit Strecksprüngen quer durch die Hallen und Gänge, als dass sie diese nur durchrannte. Suun'bak drehte sich nicht mehr zu ihr um. Einzig die Machtsinne erfassten die hechtende Gestalt der Sith, um sich zu vergewissern, wie groß der Vorsprung wohl noch sein möge.
Wie schnell doch aus 'Freunden' Feinde werden. Wer hat hier wohl grade wen zuerst fallen gelassen? Wer hat den ersten Verrat verübt? Warst du es, als du deinen Vorteil erkannt hattest? Oder ich, als mir bewusst wurde, wieviel Tod ich dir bringen könnte? Oder unser beider Meister - für dich wie ein Vater, für mich... mehr als das. Oh, Suun... Was geschieht hier grade nur mit uns? Mit dir? Mit mir?
Ihre Gedanken verhallten im schnellen Stakkato ihrer Schritte, als sie hastig um Ecken bog, ihren Blick starr fokussiert an den Rücken ihrer Beute heftete, ihre Füße Schlag auf Schlag in den Boden hämmerte, um den Abstand zu verringern.
Eine letzte Tür, ein einziges Panzerschott trennte die beiden noch von der Aussenwelt, als ein Turbolaserschuss die Decke zerfetzte. Grell stach die Lichtsäule quer durch den Gang und schoss einen gesprengten Schacht zwischen die beiden in den Boden. Wieder flogen Trümmer durch die Luft. Donnernd wurden beide halb davon begraben.
Suun'bak schaffte es zuerst, sich daraus zu befreien, warf einen flüchtigen Blick zurück und hechtete bereits einen Schritt zur Tür, ehe er stehenblieb.
Niemand folgte ihm.
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