Weltraum im Orbit von Endor
01-03-04 ABY
Endurance-Klasse-Transporter CARETAKER
Tylee hatte die letzten Wochen auf der
CARETAKER verbracht, einem Endurance-Klasse-Transporter, welche sich in den Nachwehen der Schlacht zu einer der mobilen Reparaturwerften für Shuttles, kleinere Frachter und Sternenjäger der Allianzflotte entwickelt hatte.
Zu ihrer großen persönlichen Befriedigung hatte ihr X-Wing es tatsächlich in diesen Hangar geschafft. In den Zeiten, in denen sie nicht mit einer der Bergungscrews unterwegs war, saß sie oft im Hangar. Wie eine besorgte Mutter im Behandlungsraum eines Mediziners verfolgte sie die Reparaturen an ihrem X-Wing mit aufmerksamem Blick.
Ihr X-Wing... sie seufzte. Wer wusste schon, ob sie ihn überhaupt würde behalten können? Wer wusste schon, auf welches Schiff, in welche Staffel sie beide versetzt werden würden?
'Zeit zu handeln, Tylee Dayo...', dachte sie sich.
'Sei pro-aktiv! Entschlossen! Selbstbewusst! Der ganze Kram eben.'
Mit einem kleinen Hüpfer von den Frachtkisten landete sie auf dem Hangarboden.
Sie ging noch einmal zu ihrem X-Wing und streichelte ihm die neuen Steuerbordflügel, welche einem anderen Jäger mit Totalschaden zuvor „amputiert“ worden waren. Im momentanen Zustand sah der X-Wing aus, wie eine zusammengestoppelte Baustelle mit Farbverirrung.
'Nichts, was ein wenig Lack nicht aufhübschen kann, hm?' Sie lächelte und nickte dem Mechaniker anerkennend zu. Dieser grinste zurück und deutete mit Zeige- und Mittelfinger einen kleinen Salut an, bevor er sich wieder vorbeugte und weiter werkelte. Tylee war ein gewohnter Anblick für ihn geworden. Immerhin lief sie ihm mittlerweile nicht mehr zwischen den Füßen herum und ließ ihn in Ruhe seine Arbeit machen.
Sie verharrte noch einige Momente, die Hand auf der Hülle des Jägers und der Blick in sich gekehrt. Dann nickte sie verabschiedend und drehte sich mit fliegenden Locken schwungvoll gen Turbolift, um loszustapfen.
Ein trauriges, langgezogenes Trillern schallte ihr hinterher. Tylee seufzte, blieb stehen und drehte sich um. Hinter den Frachtkisten, auf denen sie eben noch gesessen hatte, kam eine R2-Einheit hervorgedüdelt. Der kleine Astromech hatte einige deutliche Beulen in der Kuppel und schwarze Markierungen.
Tylee beugte sich ein wenig nach vorn und blickte zu R2-S0 herunter, den sie seiner depressiven Attitüde wegen schon insgeheim „Sorrow“ getauft hatte.
„Hey, du kannst mir nicht überall hin nachzuckeln, S0“ murmelte sie und rollte mit den Augen, als ihr Sorrow –
'Nein, R2- S0!' - mit einer energischen Pfeiftonsequenz signalisierte, dass er da anderer Meinung war.
„Ja, ich weiß. Ich bin eine Pilotin ohne Astromech und du ein Astromech ohne Pilot – dass hatten wir schon, S0. Ja, wir sind beide Kriegswaise. Aber ich hab keinerlei Handhabe, dich... “, sie brach ab, als der Astromech in sich zusammensackte und mit einer erneuten Serie melancholischer Laute einen Halbkreis fuhr, nur um dann bedröppelt zurück zu den Frachtkisten zu rollen und sich offensichtlich schmollend dahinter zu parken. Natürlich so, dass sie ihn gerade noch sehen konnte. In seinem vollen Leid. An dem nur sie die Schuld trug. Hah!
Tylee richtete sich auf, stemmte die Hände in die Hüften und pustete sich irritiert eine widerspenstige Locke aus dem Sichtfeld.
'Das Letzte, was ich brauchen kann, ist ein weinerlicher Astromech. Ich wünschte, Wart hätte es geschafft. Ich vermisse den Kleinen...' Sie runzelte die Stirn.
'Das ist unfair, Dayo, und du weißt es.'
Das Bergungsteam und sie hatten R2-S0 vor drei Tagen aus dem Weltraum gefischt und seine Datenbank hatte ihnen enthüllt, wie sein X-Wing und sein Pilot ihr Ende gefunden hatten. Abgerissene Flügel, zu Klump geschossen, schlussendlich explodiert. Der Pilot, ein junger Mann namens Savam Frill, hatte im Verlauf der sich erhitzenden Maschinen R2-S0 den ausdrücklichen Befehl zugeschrien, sich herauszukatapultieren. Danach trieb der Astromech tagelang im Weltraum, geduldig sein Notsignal sendend, bis sie ihn schließlich per Traktorstrahl eingefangen hatten.
Tylee hatte ihn an Bord des Bergungsshuttles dann ein wenig betüdelt, sauber gemacht und, als er sich für den Upload seines Berichtes in die Datenbanken des Shuttles eingeklinkt hatte und sein Binary auf dem Wand-Display zu lesen war, seine Geschichte erfahren. Hatte ihm im Gegenzug ihre Geschichte erzählt, während er mit jammervollen Geräuschen immer wieder eine kleine Holosequenz von Savam Frill abspielte, die den lachenden Menschen zeigte, wie er sich nach vorn beugte und dem Droiden offensichtlich die Kuppel tätschelte. Sie hatte ihn getröstet.
Und war prompt adoptiert worden.
R2-S0 begann ihr überall hin zu folgen, während sie sich im Hangar aufhielt und wich jedem Versuch, ihn ordnungsgemäß den Wartungsteams zu übergeben, standhaft aus. Da es hier auf der
CARETAKER wahrlich genug zu tun gab, hatten die Techniker nur mit den Schultern gezuckt, seine Kennung in die Inventarliste eingetragen und den Droiden erst einmal gewähren lassen. Irgendwann würde auch er an die Reihe kommen. Tylee konnte ja so lange ein Auge auf ihn werfen.
'Oder er auf mich.' Sie grunzte amüsiert und wendete sich ab, um neuerlich in Richtung des Turbolifts zu gehen. Nach wenigen Schritten hörte sie bereits die Servos des Astromechs, als er ihr vorsichtig und leise zu folgen versuchte.
„Ich gehe in die Messe, Sorrow“, erklärte sie ihm, ohne sich umzudrehen. „Ich muss ein Schreiben aufsetzen.“
Der Droide zwitscherte bestätigend und rollte ihr weiter nach. Tylee musste lächeln. „Ich denke, es schadet nichts, wenn du nochmal drüber liest, hm? Meine Rechtschreibung ist nicht die beste, hab' ich gehört. Und so ein Gesuch ans Kommando muss doch ausreichend schick sein.“
Wieder ein bestätigendes Piepen, sehr distinguiert. Tylee lachte leise und trat in die Liftkabine.
Von: Lieutenant Tylee Dayo
An: Flottenkommando, Personalvervaltung Starfighterkorps, Sachvervaltung Starfighterkorps
Datum: 01-03-04 ABY
Btr. Materialantrag / Versetzungantrag
Sehr geehrte Damen, Herren und Neutren,
ich, Lieutenant Tylee Dayo, war bis zu deren kompletter Zerstörung im Zuge der kürzlichen Kampfhandlungen, dem Kreuzer DEXTERITY und dem dort stationierten Mynock-Squad, Position: Violett – 11, zugehörig.
(Persönlicher Bericht der Ereignisse siehe Anhang 1)
Zur Zeit bin ich ohne feste Zuteilung und warte auf einen Versetzungsbefehl.
Zur Überbrückung diene ich an Bord der CARETAKER bei Bergungseinsätzen als Shuttlepilotin sowie bei Transportflügen innerhalb des Flottenverbandes. Ein entsprechendes Einverständnis vom Kommando liegt Ihnen bereits vor.
Mein ehemaliger X-Wing (Kennziffer und Bezeichnung siehe Anhang 2) wurde unlängst schwer beschädigt an Bord genommen und verbleibt hier bis zu seiner Instandsetzung und Neu-Zuordnung.
Nun zu meinem Anliegen: Dieser Jäger und ich haben gute sowie harte Zeiten hinter uns. Mir wäre sehr daran gelegen, ihn weiter zu fliegen. Ich möchte dorthin versetzt werden, wo er auch hingeht. Egal wo. Ihr Typen Die Allianz braucht Kampfpiloten, hier ist eine. Sie hätte nur gern ihren Jäger zurück. Ich hab sonst nichts mehr. Es wäre voll nett. Und würde mir echt was bedeuten.
Danke, das Sie drüber nachdenken.
Für die Allianz!
Hochachtungsvoll
Tylee Dayo, Lieutenant
P.S. Ach, wo wir gerade dabei sind: Die R2-Einheit R2-S0 (Inventardaten siehe Anhang 3) ist im Moment auch ohne Pilot und Jäger und befindet sich nach Bergung an Bord der CARETAKER. Da sie mir in den letzten Tagen ohnehin überall hinterher rollt, könnten wir ja auch gleich ein Team bilden. Piloten brauchen Astromechs und dieser Astromech braucht einen neuen Piloten. Nur logisch und vernünftig.
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Anhang 1: Bericht-02-47-Dayo
Anhang 2: Daten-13-78-Dayo
Anhang 3: Daten-89-12-Dayo