Der Fahrtwind schwächte ab, als Vhaldra die Geschwindigkeit ihres Speeders drosselte. Die erste der beiden Sonnen war schon untergegangen, die rötliche, verzerrte Scheibe von Tatoo II war erst zur Hälfte verschwunden. Die Twi'lek lenkte ihren Blick zu der Felsformation, die sich hinter den Dünen aufgetan hatte. Aufmerksam suchte sie das Gestein nach den Merkmalen, die ihr der Lord genannt hatte ab. In der macht spürte sie ein leichtes zerren an ihrer Aura, der ihr verraute Druck der dunklen Seite, möglicherweise die erwähnte Aura. Sie bemerkte im Augenwinkel Bewegung und lenkte ihren Speeder in diese Richtung, deaktivierte den Schub nun ganz und ließ sich von der restlichen Geschwindigkeit an die Felsformation gleiten. Dort bremste sie den restlichen, kaum noch vorhandenen Schub vollständig ab und deaktivierte das Gefährt vollständig. Mit einem elegantem Sprung landete sie im noch aufgeheiztem Sand, spürte die einzelnen Körner zwischen ihren Zehen, während sie ihre Schutzbrille von den Augen zog und um den Hals baumeln ließ. Einige Augenblicke blickte sie zu dem Ort der Bewegung; ein aus der Ferne kaum erkennbarer Einschnitt im Gestein. An der Decke flatterten die beschriebenen Leinen und Tücher im Wind. Im Restlicht der untergehenden Sonne und der verbesserten Sicht ihres Volkes musterte Vhaldra diese einen Augenblick. Beige und bräunlich, im Licht der Sonnen ausgebleicht und rissig gewordene Stoffe, die wie traurige Überbleibsel einsam und verloren über den Eingang wachten. Das flatternde Geräusch, dass sich im Wind beinahe verlor untermalten die vom dunkel getünchte Einsamkeit.
Unbeirrt wandte sich Vhaldra noch einmal zu ihrem Speeder und holte das in ein Tuch eingewickelte Kästchen aus dem Transportbehälter hervor. Vorsichtig trug sie dieses in der linken Hand, während sie ihre andere Hand frei behielt, um auf was auch immer sie erwarten würde, vorbereitet zu sein. Sie wusste zwar, was sie hier zu tun hatte, aber nicht weshalb und was es bewirken würde. Sie bezweifelte zwar, dass Lord Corvidae sie in den Tod schicken würde, aber die junge Twi'lek wollte nicht unvorbereitet ins Ungewisse laufen. Es konnte vieles sein. Vorbereitung für etwas Größeres, ein Test, vielleicht auch nur eine Kleinigkeit... Dennoch trat sie entschlossen unter die Tücher hindurch. Trockene, abgestandene Luft kam ihr in Begleitung von Dunkelheit entgegen. Sie wartete einen Augenblick, bis sich ihre Sicht soweit angepasst hatte, dass sie wieder mehr erkennen konnte. Ein Mensch hätte sich hier wahrlich nicht ohne Hilfe von Licht zurecht finden können, doch Vhaldra war es als Twi'lek keine Schwierigkeit, ausreichend zu sehen. Sie griff in die Macht hinaus, ließ das dunkle, pulsierende Feld der Aura auf sich einwirken, ehe sie weitere, leise Schritte in die Kaverne tat.
Der Boden der Kaverne war felsig und sandig und fühlte sich eher kühl an. Schon nach wenigen Schritten konnte die Twi'lek das Podest vor sich erkennen. Entschlossen trat sie darauf zu und ging vor diesem in die Knie. Das Gestein des Podest war grob gehauen, die Kante wirkten eher schartig und ungenau, fügten sich in Vhaldras Augen aber passend in das Umfeld ein. Es war, als gehörte es einfach hier her. Die junge Sith glaubte einen eisigen Lufthauch in ihrem Nacken gespürt zu haben, doch als sie sich umwandte, war dort nichts. 'Ein unheimlicher Ort... aber faszinierend...', murmelte sie leise. Sie musste sich eingestehen, dass sie ein wenig Angst spüre, obwohl sie sich nicht erklären konnte, weshalb. Doch das war gut so. Wer keine Angst spürt, starb schneller, es war nicht nur ein Schutzmechanismus, es war etwas, aus dem sie Kraft ziehen und in das umwandeln konnte, was sie brauchte. Beinahe sanft wischte sie mit ihren behandschuhten Händen Sand und Staub vom Podest. Obwohl nichts außergewöhnliches passierte, war sie aufgeregt. Vhaldra hatte sich vorgenommen, sich alles genau einzuprägen. Eindrücke, die Gegenstände, Veränderungen in der Macht und diese dunkle Aura. Irgendwann konnte alles wichtig und nützlich sein, auch wenn es zuerst nicht so schien. Vorsichtig legte sie das Kästchen auf dem Podest ab, nachdem sie das Tuch entfernt und an ihren Gürtel gesteckt hatte. Sie öffnete es mit ihren behandschuhten, schlanken, aber klauenartigen Fingern ihres Volkes den Verschluss des Kästchen und öffnete dieses. Kurz überblickte sie noch einmal den Inhalt, ob alles wie vom Lord erklärt darin lag. Zufrieden, dass dem so war entnahm sie zuerst die zwölf Steine, deren Farben und Zwischenfarben zusammen das Spektrum eines Regenbogens ergaben. Sie ordnete sich in Gedanken die Farben und nahm die ersten sechs Steine heraus und legte damit die Spitzen eines Sterns aus. Dabei ging sie akkurat vor, immer bevor sie einen Stein auslegte, kontrollierte sie den Abstand zum Podest und zwischen den Steinen. Danach nahm sie die restlichen sechs Steine und legte die inneren Punkte des Sterns fest, wieder so farblich sortiert, dass der Stern den ruhigen Farbverlauf eines Regenbogens wiedergab.
Da sie nicht genau wusste, was der Zweck des Rutals war, konnte sie auch nicht genau eruieren, ob die Farbzusammensetzung eine Rolle spielte. Aber da sie das Sithzeichen für 'Ruhe' zum Ende auftragen sollte, erschien es ihr sinnvoll, die Steine nicht gegenteilig chaotisch in den Farben zu setzen. Dennoch hielt sie inne, denn die Macht und alles, was sie bisher darüber wusste, richtete sich nicht immer nach den Gesetzen der Natur, wie man sie kannte, ja manchmal veränderte die Macht diese gerade zu. Vielen Farben waren zumal oft bestimmte Bedeutungen zugeordnet, oft waren diese nicht mit einfachen Mitteln erklärbar. Vhaldra hatte sich aber nun für diesen Weg entschieden, es machte keinen Sinn, sich durch diese Überlegungen verunsichern zu lassen. Sie wandte sich wieder an das Kästchen und entnahm das Windspiel. Sie musterte es vorsichtig, ehe sie es an dem Haken, der sich genau dort befand, wo der Lord es erklärt hatte, hängte. Sie kontrollierte für sich, ob es gut hing, dann entnahm sie die schwarze Tinte, die in ihrer Beschaffenheit vermutlich auch Grafit enthalten musste. Sie nahm das Kistchen und behielt es in der Hand, während sie mit schwungvollen, aber genauen Bewegungen die einzelnen Teile der Rune für 'Ruhe' in der richtigen Strichfolge auf das Podest zeichnete.
Vhaldra trat vom Podest zurück und kontrollierte noch einmal alles, was sie getan hatte. Trotzt der Dunkelheit erkannte sie genau, wo sie die Steine abgelegt hatte, wo über dem Podest das Windspiel hing und wo die Striche der Rune aufgemalt waren. Sie stellte das Kästchen zu ihren Füßen ab und zog ihre Handschuhe aus. Diese hängte sie an ihrem Gürtel ein, sie wollte nichts, dass nicht an diesen Ort gehörte, auf dem Boden wissen. Nun holte sie mit ihren baren Händen den milchigen, fast farblosen Stein hervor. Sie behielt diesen in ihren Handflächen mit ihren Blick fixiert. Ein schwacher, aber nicht näher erkennbarer Eindruck huschte durch ihre Gedanken, doch sie konnte nicht erahnen, was er bedeuten könnte. Sie sammelte die Macht um sich herum, griff nach den Fäden und lenkte sie auf den Stein, begann damit, Machtenergie zu speichern. Ihre Haut begann zu kribbeln, es war, als würde sie zu frieren beginnen. Ihre Kleidung bewegte sie leicht, obwohl kein Wind seinen Weg in die Kaverne gefunden haben konnte. Einen großen Teil ihrer Machtenergie in einen Stein zu speichern hatte sie durchaus schon geübt, aber dieses Mal war es anders. Sie wollte den Lord nicht enttäuschen. Es barg immer ein Risiko, einem Sith ungefragt zu vertrauen, es konnte den Tod bedeuten. Aber sie hatte nicht vor zu sterben. Die Zeit, in der sie sich Wertlos und unsicher gefühlt hatte, war vorbei. Vhaldra würde nicht aufgeben, Risiken eingehen, aber diese dafür nutzen, um stärker zu werden. Nicht wie Lunox, nicht offensichtlich, nein, stärker, wie sie, Vhaldra es wollte. Sollten die anderen ruhig denken, dass sie die kleine, schwache Twi'lek, die nur Befehlen folgte, war. Es würde ihr zu Gute kommen, wenn andere sie unterschätzten. Wieder wob sie einen Faden aus Machtenergie, der sich um den Stein webte und diesem ihre Kraft zuführte. Sie war sich aber auch sicher, dass Lord Corvidae sie nicht unterschätzen würde. Sie hatte schon immer den Eindruck, dass er alle um sich herum genau im Auge behielt, mehr als jedem klar war, selbst sie selbst, wusste nicht genau, wie weit dieser Blick reichen mochte. Sie sah zu ihm auf, er war mehr Sith als die meisten, denen sie bisher begegnet war.
Vhaldra begann zu zittern, sie fühlte, wie ihr Körper schwach und müde wirkte. Sie umgriff den Stein nun fest und trat wieder an das Podest heran. Dort legte sie den Stein, in dem sie einen großen Teil ihrer Machtenergie gespeichert hatte, ab. Wider ließ sie ihre Blicke über alles streifen, ihre Gedanken wanderten umher, stellten Fragen, doch die Antworten flogen wie Blätter im Wind umher, waren nicht greifbar. Dann wandte sie sich schwankend ab und verließ die Kaverne, nachdem sie das Kästchen wieder aufgenommen hatte, mit unsicheren, aber zielgerichteten Schritten.
Vhaldra öffnete die Augen. Über ihr war die vertraute Decke ihrer Räumlichkeiten. Erschöpft blinzelte sie, sie konnte sich kaum an die Fahrt zurück erinnern. Ein Blick auf das Chrono auf dem Beistelltisch verriet ihr, dass die Sonnen noch nicht aufgegangen sein konnten. Müde und erschöpft rappelte sie sich auf. Der Weg zur Tür erschien ihr wie eine Ewigkeit, jeder Schritt ließ sie glauben, Blei in den Beinen zu haben. Mühsam öffnete sie die Tür. Sie trat an die Balustrade und blickte auf die Basis herab. Es war tatsächlich noch dunkel, doch die Dämmerung nahte. Langsam ging sie die vergangene Nacht in ihren Gedanken durch, doch es fiel ihr schwer, sich auf etwas zu konzentrieren. Ein leichter Wind frischte auf und lies die Twi'lek erschaudern, während ihr erschöpfter Blick über Varrath wanderte.